Das Bauhaus Manifest


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Feininger Kathedrale

„Das Endziel aller künstlerischer Tätigkeit ist der Bau!” In seinem Manifest artikulierte Gropius die utopische Idee, der Bau der Zukunft solle ein Gesamtkunstwerk darstellen. Wichtige Konzepte im Kontext dieser Vision waren, (1) dass man sich dem Handwerk wieder zuwenden solle und dass Architekten, Künstler, und Handwerker auf wesentlicher und gesellschaftlicher Ebene gleichgestellt sein sollten (2) dass das Programm der Schule innovativ und insbesondere auch praxis-orientiert und pluralistisch sein solle anstatt in erster Linie theoretisch und (3) dass auch Frauen und Ausländer zugelassen werden sollten:

 

Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! Ihn zu schmücken war einst die vornehmste Aufgabe der bildenden Künste, sie waren unablösliche Bestandteile der großen Baukunst. Heute stehen sie in selbstgenügsamer Eigenheit, aus der sie erst wieder erlöst werden können durch bewußtes Mit-und Ineinanderwirken aller Werkleute untereinander. Architekten, Maler und Bildhauer müssen die vielgliedrige Gestalt des Baues in seiner Gesamtheit und in seinen Teilen wieder kennen und begreifen lernen, dann werden sich von selbst ihre Werke wieder mit architektonischem Geiste füllen, den sie in der Salonkunst verloren.


Die alten Kunstschulen vermochten diese Einheit nicht zu
erzeugen, wie sollten sie auch, da Kunst nicht lehrbar ist. Sie müssen wieder in der Werkstatt aufgehen. Diese nur zeichnende und malende Welt der Musterzeichner und Kunstgewerbler muß endlich wieder eine bauende werden. Wenn der junge Mensch, der Liebe zur bildnerischen Tätigkeit in sich verspürt, wieder wie einst seine Bahn damit beginnt, ein Handwerk zu erlernen, so bleibt der unproduktive >Künstler< künftig nicht mehr zu unvollkommener Kunstübung verdammt, denn seine Fertigkeit bleibt nun dem Handwerk erhalten, wo er Vortreffliches zu leisten vermag.

Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück! Denn es gibt keine >Kunst von Beruf <. Es gibt keinen
Wesensunterschied zwischen dem Künstler und dem Handwerker. Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers. Gnade des Himmels läßt in seltenen Lichtmomenten, die jenseits seines Wollens stehen, unbewußt Kunst aus dem Werk seiner Hand erblühen, die Grundlage des Werkmäßigen aber ist unerläßlich für jeden Künstler. Dort ist der Urquell des schöpferischen Gestaltens.

Bilden wir also eine neue
Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte! Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei, der aus Millionen Händen der Handwerker einst gen Himmel steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens.

Der bekannte Holzschnitt Die Kathedrale von Lyonel Feininger (1919) diente zur Illustrierung des Manifests und zeigt eine mittelalterliche Kathedrale. Man sah das Mittelalter als Vorbild für eine klassenlose Gesellschaft und die Sterne sollten die Künste Malerei und Skulptur und in der Mitte Architektur darstellen.